Geballte Kreativität auf 80 Quadratmetern: Seit zehn Jahren bietet das „Huso Huso Studio" im Hainhölzer Helmkehof jungen Designerinnen und Designern Atelierplätze. Gründerin Alexandra Weber verrät zum Jubiläum, was hinter dem Namen steckt.
Viel Kreativität unter dem „Huso Huso"-Dach
von Andrea Tratner
Dieser Raum ist ein Technikparadies: zwei klassische Nähmaschinen, eine Overlock, eine Ledernähmaschine, Strickmaschine, dazu eine Bügelstation, Heißpresse und ein großer Zuschneidetisch, auf dem auch üppige Stoffballen Platz finden... Der Grundgedanke ist: Wir teilen die Geräte* erklärt Alexandra Weber (40), die das .Huso Huso Studio" vor zehn Jahren als Co-Working-Space für Textilschaffende im Hainhölzer Helmkehof eröffnet hat. Aber geteilt wird noch viel mehr: „Kreativität, Inspiration, Motivation."
Weber hat sich auf Kleidung für die Musikbranche spezialisiert. Sie entwirft unter dem Namen
„Alextravagant" Bühnenoutfits und Merchandiseprodukte für Bands wie Grailknights oder die A-cappella-Metal-Sänger von Van Canto. Zuletzt hat sie für das Elektro-pop-Duo Wezn Kleidung gestaltet. Die 40-Jährige gibt aber auch Workshops, in denen sie zum Beispiel zeigt, wie man aus alten Bandshirts etwas Neues erschafft. „Cut and Knit" nennt sie ihre Technik, mit der aus einem Wacken-Shirt aus dem Jahr 2016 ein ausgehtaugliches Outfit wird.
Vier Designerinnen und eine Fotografin gehören derzeit zum „Huso Huso"-Team.
Dalia Rottleuthner (34) kombiniert mit ihrem Label „Dalinda Lua" die Themen Strick und Upcycling.„Meine Oma hat viel gestrickt, das hat mich immer fasziniert", erzählt die Masterabsolventin des Studiengangs Modedesign an der Hochschule Hannover.
Rottleuthner ribbelt alte Pullis auf, aus dem Garn entsteht neue Kleidung. "Es ist immer
ein interessanter Mix aus altem Material und neuer Wolle, bei der ich auch auf Zertifikate für Nachhaltigkeit und Tierwohl achte", erklärt die 34-Jährige, die an einer Strickmaschine aus den Siebzigerjahren arbeitet.
Auch Corlien Rinne (30) arbeitet mit Material, das eine Geschichte hat. "Ich habe bei meinen Eltern im Keller die alte Weißwäsche meiner Oma gefunden - zu ihrer Aussteuer gehörten Blusen, Bettbezüge, Tischdecken", erzählt die Designerin, die 2019 ihren Abschluss auf der Modeschule Fahmoda gemacht hat. Das blütenweiße Jäckchen mit Bordüre, das sie über einem giftgrünen Stretchkleid trägt, war mal ein Kopfkissen. Für ihr Label „Corlae" wollte sie aber auch Farbtupfer: „Ich sammle auf Messen Reste der Textil-industrie. Denn große Marken dürfen sie laut Gesetz nicht einfach wegwerfen." Und da gehe es nicht nur um kleine Fitzel Stoff, sondern auch um Zehn-Meter-Bahnen, aus denen sich kleine Kollektionen schneidern lassen.
Andrea Maixner (33), die einen Abschluss in Kostümbild an der Hochschule Hannover gemacht hat, hat sich eine besondere Nische für ihre Marke „Golden Circle Clothing" gesucht - und spricht damit viele Frauen an. „Ich mache Unterwäsche, vor allem BHs, für kleine Größen." Auch aus Eigeninteresse: .Ich habe diese Bügel-Push-ups nicht mehr ausgehalten. Es geht um Bewegungsfreiheit. Ich helfe Frauen dabei, atmen zu können, ich will anderen ein gutes Selbstwertgefühl geben."
Alexandra Weber hält den Laden seit zehn Jahren zusammen, seit sie 2013 ihren Abschluss an der Hochschule gemacht hat. "Ich hatte die Idee, mich selbstständig zu machen, genau wie sechs andere Absolventinnen meines Jahrgangs."
Co-Working-Spaces gab es damals schon, zum Beispiel den Lindener „Edelstall", aus dem später das Projekt „Hafven" in der Nordstadt hervorging Aber das war eher was für
Leute mit Laptops" musste Weber dann feststellen.
Dann startete die Gruppe „Huso Huso" im historischen Helmkehof. In dem 80-Quadratmeter-Atelier mit eingezogener Hochebene teilen sich die Kreativen die Teeküche mit einer Ballettschule, auf dem Gelände der früheren Gummiwarenfabrik gibt es immer wieder Events, Tagungen oder auch Hochzeiten. Und in den benachbarten Hainhölzer
Höfen tut sich ebenfalls viel - weitere Teile des früheren
Gewerbehofs werden saniert.
Jetzt feiert „Huso Huso" zehnten Geburtstag. "Nur ich bin noch übrig von den Gründerin-nen", sagt Weber, sie sieht die Veränderungen aber positiv. "Es war ein Kommen und
Gehen, es ist ein Prozess." Etwa 20 Labels hatten zwischenzeitlich einen Anker im Helmkehof geworfen: "Hannover Socks" etwa startete hier. „Boochen" hat sich mit Swim- und Surf-wear
einen Namen gemacht. Stefanie Gornicki (32) und Franziska Kordis (37) machten zuletzt Schlagzeilen, weil sie mit ihrer Marke „Dörpwicht" Hals über Kopf aus einem ein-sturzgefährdeten Laden in der Nordstadt ausziehen mussten - und vier Monate später in Linden neu eröffneten.
„Man muss lernen loszulassen" sagt Weber. Und verbindet das gleich mit einem Aufruf: .Wir haben noch ein bis zwei freie Plätze im Atelier."
Warum heißt das Studio eigentlich „Huso Huso"? Die 40-Jährige kennt die Frage: "Das war damals eine freie Wortschöpfung. Erst im Nachhinein haben wir einige Bedeutungen Wortes des gefunden - mit dem Atelier haben sie aber direkt nichts zu tun."
Den zehnten Geburtstag feiert „Huso Huso" natürlich gebührend: Am Sonntag, 24. September, sind alle Interessierten von 14 bis 19 Uhr an die Helmkestraße 5a eingeladen - zu einem Tag des offenen Ateliers, Musik, Tanz, Kuchen und Getränken.
CO-WORKING IN DER PRAXIS:
Andrea Maixner, Alexandra Weber, Corlien Rinne und Dalia Rottleuthner gehören zur aktuellen Besetzung des „Huso Huso Studio" in Hainholz.
Fotos: Christian Behrens
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